25 – Hegel und das Landunter

Nach der langen Fahrt über Nacht ist Hegel den ganzen Tag über müde. Natürlich will er nicht ins Bett, als er ankommt, sondern gleich raus. Und dann muss er ja auch noch seine Sachen einräumen, die er mitgenommen hatte.

So vergeht der Tag und beim Abendessen schläft er dann beinahe ein. Das musste ja so kommen. Während er vom Brot abbeißt, fallen ihm die Augen zu. Er wacht gerade noch rechtzeitig wieder auf, sonst wäre ihm das Brot aus der Hand gefallen.
Und so kommt es, dass er – oh Wunder – gleich nach dem Abendessen ganz freiwillig ins Bett geht. Er hat sich mittags eine schöne Ecke auf dem Sofa ausgesucht, die er sich als „Bett“ hergerichtet hat. Dazu hat er von daheim seine schöne warme Decke mitgenommen. Fluggs schlüpft er drunter ist auch gleich eingeschlafen.

So bekommt Hegel gar nicht mit, dass im Laufe des Abends der Wind immer stärker bläst. Es ist schon nach Mitternacht, da windet und tost es draußen so stark, dass es an allen Hausecken pfeift und mal hier mal da etwas klappert.

Mittlerweile ist aus dem Wind ein starker Sturm und Orkan geworden. Hegel schläft tief und fest, als wäre gar nichts. Das hätte ihn bestimmt interessiert und er wäre wieder mit der Nase an der Fensterscheibe geklebt. Hegel ist jedoch nicht wach zu bekommen, so sehr man ihn auch rüttelt und schüttelt. Aber vielleicht ist es auch gut so, nicht dass er noch raus gerannt wäre. Der Orkan hätte ihn gleich fortgeblasen.

Ein Orkan ist richtig heftig, da fliegen sogar Gartenstühle und Mülleimer durch die Luft. Ein Mensch kann dabei nicht mehr aufrecht stehen, es weht ihn um. So eine starke Orkanböe kann sogar einen Lkw umwerfen.
Von all dem bekommt Hegel gar nichts mit. Er schläft tief und fest bis zum Morgen.

Aber dann. Als Hegel aufsteht und zum Fenster rausschaut, reibt er sich die Augen, schaut wieder raus, reibt sich nochmals die Augen, denn er glaubt erst gar nicht was er sieht.
„Schnell, schnell komm her, da ist ja alles überschwemmt! Rings um uns herum ist Wasser!“
Hegel hat richtig gesehen, rings um die Warft ist Wasser, die Nordsee ist über die Hallig geschwappt.
Der Orkan hat vom Meer her so stark geblasen, dass es eine Sturmflut gab. Dabei weht es so stark, dass es hohe Wellen gibt und diese über den Deich auf die Halligwiesen herein brechen. Und weil das Wasser während der Flut immer mehr ansteigt, wird die Hallig nach und nach überschwemmt. Das ist dann ein „Landunter“. Alles Land ist unter Wasser.

Halt, so ganz stimmt es nicht. Die Warften, auf denen die Häuser stehen, sind nicht unter Wasser. Die stehen ja auf Hügeln, die ein paar Meter höher sind als die Wiesen. So hoch steigt das Wasser nur ganz ganz ganz selten. Aber das ist eine andere Geschichte.

Hegel will alles ganz genau wissen. Und vor lauter fragen und erklären vergessen er und Großvadder fast das Frühstück. Und es fällt ihnen grad noch ein, schnell ein Foto zu machen.

Später bläst der Sturm nicht mehr so stark und da mittlerweile Ebbe ist, läuft das Wasser wieder langsam ab und hier und da schauen schon wieder die Wiesen heraus.

 

Hegel ist nach dem Frühstück kaum mehr zu halten. Er will natürlich raus und alles aus der Nähe sehen. Das ist jetzt auch möglich, es windet zwar noch heftig, aber Hegel drückt sich ganz in die Jackentasche vom Großvadder rein.

Wer Hegel kennt, der weiß natürlich, dass er da nicht lange drin bleibt. Und so ist er dann auch recht schnell ganz vorne am Wasser.


Ringsherum um die Warft ist jetzt die Nordsee. Die Straße ist noch völlständig überschwemmt und auch der Deich ist noch unter Wasser. Hie und da gibt es jetzt schon wieder ein paar Stellen, die schon wieder aus dem Wasser heraus schauen. Auch die Zäune ragen wieder nach und aus dem Wasser. Das alles war vor ein paar Stunden noch alles vom Wasser überflutet und nicht zu sehen. Da wo Hegel jetzt steht, war die Nordsee.

An der Warft sieht man jetzt auch ganz gut, wie hoch das Wasser heraufkam. Den dort liegt ringsherum der Treibsel. So sagt man hier zu dem Flutsaum.

Das ist die Höhe bis zu der das Wasser angestiegen ist. Da bleibt allerhand liegen, was das Wasser mit anschwemmt. Äste, ausgerissene Grasbüschel,  Bretter die abgerissen wurden, Fischernetze und Schnüre, Flaschen, Schuhe und…. ach einfach alles, was so auf dem Meer treibt oder was irgendwo von dem Orkan fortgeweht oder losgerissen wurde.

Eine Weile später, es ist etwa um die Zeit der Ebbe, schauen noch mehr höher gelegene Stellen aus dem Wasser heraus. Dort wo die Wiesen etwas höher liegen, kommen schon wieder Gänse angeflogen und picken sich aus dem aufgeweichten Boden ganz leicht leckere Gräser und Wiesenkräuter heraus.

Und hinterlassen leider danach aber auch sehr viel Dreck. Man schafft es nicht, über die Wiesen zu gehen ohne in eine Hinterlassenschaft der Gänse zu treten.

Später wird der Wind wieder etwas stärker und stürmisch und drückt das Wasser wieder etwas auf die Hallig. So dauert es dieses Mal etwas länger, bis das Landunter vorüber ist und man wieder überall gehen und fahren kann. Aber nach einem Tag ist normalerweise alles wieder beim Alten.

Für Hegel ist das wieder ein sehr spannender Tag gewesen. Er plappert den ganzen restlichen Tag nur noch von Sturmflut und Orkan, Hochwasser und Landunter ….

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